Neues zum Thema Anti-Tuning?

16. März 2021   Christian
Tech   News

Die großen Motorenhersteller hatten für das Modelljahr 2020 angekündigt, im Rahmen der EU-Norm das Tuning von E-Bikes zu unterbinden. 

Dies geschieht, hat aber noch nicht die befürchteten riesengroßen Auswirkungen. Aber es gibt welche und die Komplexität beim Tuning wächst zusehends. Und damit auch die Herausforderung, sich im Vorfeld damit auseinanderzusetzen.

Die Essenz der folgenden Ausführungen gleich vorneweg: 
Kauf Dir einfach besser kein E-Bike mit einem Bosch Gen4 Motor, wenn Du dein E-Bike tunen möchtest.
Und jetzt mal die längere Geschichte zum Thema Anti-Tuning. Die badassBox manipuliert die Signale die vom Geschwindigkeitssensor des E-Bikes kommen. Das ist zum Einen eine (zumindest bis jetzt) valide und sehr bewährte Möglichkeit des Tunings und zum Anderen bedarf es keines Eingriffs in das Antriebssystem an sich und es lässt sich, jedenfalls mit unserer badassBox, im Handumdrehen an- und abmontieren.
Die kabelgebundenen Tuning-Kollegen verfolgen den Ansatz des verborgenen, in das System integrierte Tuning. Dabei funktioniert das Tuning meistens identisch über die Manipulation des Geschwindigkeitssignals oder über die Manipulation des Radumfangs und damit der Geschwindigkeit oder sie greifen noch weiter in die Steuerungselektronik ein. Dafür muss in der Regel das Tuningkit in den Kabelbaum des Motors (oder den der Bedieneinheit) eingebaut werden. Im dümmsten Falle muss der Motor dafür aus dem Rahmen entfernt werden. Will man mit seinem E-Bike regelmäßig in der Werkstatt zum Service aufschlagen, sollte man sich diesen Punkt gut überdenken. Für diejenigen, die am Rad alles selbst erledigen, ist das natürlich nicht so ausschlaggebend, sondern vielleicht die nicht vorhandene Möglichkeit des "Illegal - Legal im Handumdrehen": ein kabelgebundenes  Tuning gilt immer als Tuning, auch wenn es ausgeschaltet ist. Ist keine badassBox am Rad, dann ist es voll und ganz legal im Sinne der StVZO.

Bis 2017 bzw. 2019 war das von uns präferierte, klassische Tuning keinem Motorenhersteller eine Gegenmaßnahme wert. Anfangs ließ sich das echte Signal noch Dritteln (also Unterstützung bis 75km/h), dann noch halbieren (bis 50 km/h) oder gar Einfrieren (permanente Unterstützung). Es war zunächst Bosch mit einem (ihrer himmelvielen) Firmware-Updates, die eine Weiterentwicklung  der Manipulation nötig machten. Im Jahr 2019 brachte Shimano mit ihrer Firmware Version 4.7.0 eine weitere Anti-Tuning-Maßnahme. Mancher glaubt bis heute, dass Shimano andere Gründe für die Änderung hatte und es quasi nur ein dankbarer Nebeneffekt war. Neben den Firmware-Updates, die heute von vielen Herstellern regelmäßig herausgebracht werden und die immer die Ungewissheit mit sich bringen, ob denn damit das Tuning noch funktionieren wird, haben sich die Antriebshersteller mit den Radhersteller noch anderes einfallen lassen.
Früher war der Geschwindigkeitssensor - quasi standardisiert - frei zugänglich an der Kettenstrebe aufgeschraubt. Daher rührt auch die Form unserer badassBox, die sich einfach über den Sensor schieben lässt. Doch irgendwann ist jemandem in der Radentwicklung wohl aufgefallen, dass man solch einen Sensor auch schön in die Kettenstrebe (oder ins Ausfallende) integrieren, den Magneten nicht mehr an der Speiche, sondern fix auf der Bremsscheibe montieren kann und damit gleich mehrere Vorteile hat: sichere Einbauposition für den Sensor, Fehlerquelle Magnetposition ausgeschlossen,  Sensor nicht mehr zugänglich -> kein Tuning mehr möglich. Punkt 1 und 2 sind gut und valide, Punkt 3 machte uns nur kurzfristig Kopfschmerzen: mittels unserer Adapter und Universal Mount lässt sich nahezu jeder integrierte Sensor zur Verwendung mit einer badassBox einmalig an eine zugängliche Position verlegen. In Härtefällen, um die sich unser Service gerne kümmert, kann manchmal nur ein Ersetzen des Originalsensors helfen, aber das sind nur Ausnahmefälle.

Und dann kam 2020 und Bosch brachte mit den Gen4-Motoren die große Anti-Tuning-Kampagne ins Rollen. Ja, es wurde von Bosch und Alliierten viel Wirbel gemacht, viel PR und viel Media-Coverage über das böse Tuning von E-Bikes und die großartige Errettung aller Pedaljünger durch die glorreichen Errungenschaften aus dem Schwabenländle: Gen4 und die Schmähung durch den Error-Code 504.
Der Fehler 504 tritt auf, wenn das System Tuning erkennt. Dann wird die Höchstgeschwindigkeit für die Motorenunterstützung für 90 Fahrminuten auf 17 km/h heruntergesetzt. Dieser "Limb-Mode" kann nervig sein, lässt sich aber mit einem Auslesen mittels der Bosch-Motoren-Diagnose auch sofort beenden. Vorausgesetzt man hat einen freundlichen Radhändler, der dem Tuning nicht so abgeneigt ist. Jedoch wird die Erkennung gezählt und es geht die Mär, dass sich beim dritten 504 der "Limb-Mode" nicht mehr zurücksetzen lässt, sondern man dafür bei Bosch vorstellig werden muss. 
Wir haben bisher schon einige Bosch Gen4 in diverse 504er geschickt, manche kamen eher überraschend, andere mussten hart provoziert werden. Warum und wann sie kommen, konnten wir bis jetzt noch nicht zweifelsfrei feststellen. Aber was wir bisher auch nicht feststellen konnten, ist ein dritter 504 an einem unserer Bikes. Ein paar wenige Kunden von uns hatten wohl schon einen dritten 504, aber von keinem hörten wir nochmal was. Geschweige denn, wie und was genau es mit dem dritten 504 auf sich hatte.  Von daher provozieren wir halt einfach weiter...
 Es ist inzwischen einfach ein Fakt, dass Tuning nicht gerne gesehen wird, von manchen bekämpft, von anderen toleriert wird. Als tuning-geneigter E-Biker sollten man heute wirklich vor dem Kauf eines neuen Bikes in der Tiefe Informationen einholen, was hinsichtlich Tuning geht und wie es am gewünschten Rad funktioniert. Und falls das Wunschrad sich als ganz schlechte Tuner-Wahl herausstellt, dann sollte man besser auf ein anderes Rad umschwenken (falls man überhaupt irgendwas bekommt). Kleiner Tipp: hochwertige Gebrauchtbikes lassen sich meistens noch sehr simpel tunen.
Aber auch die Erwartungshaltung sollte man ein wenig an die neuen Begebenheiten anpassen. Ab Werk werden unsere badassBoxen momentan auf eine Geschwindigkeit von 40km/h kalibriert, sprich der Motor bekommt seine 25km/h signalisiert wenn in Wirklichkeit 40km/h anliegen. Diesen Wert haben wir von 25km/h bis 50km/h frei kalibrierbar gemacht. Aber dennoch sollte man zum Beispiel bei Bosch Gen4 eigentlich besser nicht über 35km/h hinaus und bei Shimano nicht viel über 40km/h. Andere Motoren lassen sich auch noch problemlos mit 50km/h betreiben.  
Aber generell, Augen auf bei Neuradkauf. Schau Dir dein Wunschbike genau an. Gibt es einen Speichenmagnet? Wenn ja, ein gutes Zeichen um wahrscheinlich einen gut zugänglichen Sensor an der Kettenstrebe (auf der Nicht-Antriebsseite) zu finden. Kein Speichenmagnet? Dann die besagte Kettenstrebe auf der Innenseite inspizieren. Meistens sieht man den integrierten Sensor recht schnell. Und dann auch den Magnet auf der Bremsscheibe. Im Zweifel, mach ein Foto vom Sensor, denn manchmal ist der verwendete Sensor die notwendige Information. Also, hier der einfache Dreisatz zum E-Bike-Tuning: Motor, Sensor, Sensorposition. Damit gibt es fast immer eine Antwort, ob und wie ein Tuning möglich ist. 
Und wir reden hier ausschließlich vom Tuning von Mittelmotoren. Nabenmotoren lassen sich prinzipbedingt fast nicht tunen und mit einer badassBox halt leider überhaupt nicht.

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